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„Das Salz der Demokratie“

Start des Volksbegehrens gegen Windräder in Wäldern: Bis Juli 80 000 Stimmen nötig

PNN:

Nicht aufgegeben. Seit  Jahren werden Waltraud Plarre und Winfried Ludwig nicht müde, vor Windrädern im Wald zu warnen. F.: A. Klaer

Beelitz/Postdam - Es gleicht einem Kampf gegen Windmühlen: Die Windkraftgegner der Region versuchen mittlerweile seit rund sieben Jahren die großen Windanlagen für die Mark zu verhindern. Die bis zu 200 Meter hohen Anlagen sollen weder in Wäldern stehen, noch zu nahe an Siedlungen heranreichen. Einen Mindestabstand von zwei Kilometern fordern die Windkraftgegner und werden nicht müde, darauf zu pochen.

Seit dieser Woche wird noch lauter als sonst getrommelt: Vergangenen Donnerstag startete das Volksbegehren gegen Windräder in Wäldern. 80 000 Stimmen müssen bis zum 6. Juli gesammelt werden, damit sich die Landespolitik nochmals mit dem Anliegen der nunmehr 96 landesweiten Bürgerinitiativen befasst. Am heutigen Samstag will die Dachinitiative „Rettet Brandenburg“ die einzelnen Gruppen auf das Stimmensammeln einschwören. Eifrig werden Kisten voller Postkarten ausgepackt, Banner aufgehängt, Unterschriftenlisten bereitgelegt.

Der Kampf sei keineswegs aussichtslos: „Wir laufen zwar gegen Mauern und holen uns Beulen, aber wir setzen auf die Vernunft“, sagt Waltraud Plarre aus Kloster Lehnin. Die kleine, aber energische Frau ist Sprecherin der Dachinitiative. Plarre wohnt nahe der Bliesendorfer Heide. Der Regionalplan Havelland-Fläming sieht dort ein Windeignungsgebiet vor, dort könnten neun Windenergieanlagen mit einer Höhe von jeweils 200 Metern aufgestellt werden. Laut Plarre seien in diesem Bereich sogar zwischen 45 und 60 Anlagen möglich. Kritiker warnen bei Höhen von 200 Metern, die der Kuppel des Berliner Fernsehturms entsprechen, vor einer Entstellung der Landschaft.

Auch vor der Haustür von Winfried Ludwig, Sprecher des Vereins Waldkleeblatt, sollen Mega-Anlagen aufgestellt werden. In einem Waldstück zwischen den Beelitzer Ortsteilen Fichtenwalde und Resdorf wolle der Windparkbetreiber Juwi 15 Windräder und die Potsdamer Firma Notus Energie sieben der Riesen aufstellen lassen, berichtet Ludwig. Auch mit Höhen von jeweils 200 Metern.

Windräder im Wald sind für Ludwig und Plarre Unsinn: Wieso soll für die Energiewende abgeholzt werden? Zudem seien Windräder in Wäldern brandschutztechnisch gefährlich und eine Gefahr für die Natur. „Die Resdorfer Heide ist ein Brutgebiet für Fledermäuse“, so Ludwig. Ein drittes Argument gegen die Windanlagen sei deren Lärm, der mache krank. „Solche Anlagen erzeugen Infraschall.“ Infraschall höre man nicht, durch seine langen Wellen würde er aber nicht von Mauerwerk abgehalten, „und er hat Auswirkungen auf Hirnregionen“, so Ludwig. Er verweist auf eine Broschüre der Beelitzer Kliniken zu dem Thema. Der gesundheitsschädigende Aspekt bleibe ein Streitpunkt, weil er so wenig erforscht sei.

Während die beiden Windkraftgegner erklären, was aus ihrer Sicht offensichtlich ist, bereiten sie eifrig das Treffen vor. Das Infomaterial stapelt sich auf den Tischen. Jeder, der zufällig in der Straße Am Kanal 12 in Potsdam vorbeikommt, bekommt einen Flyer in die Hand. Fragt man die Gegner nach den Alternativen zur Windenergie verweisen sie auf die Arbeit eines Forschungszentrums in Greifswald. Dort werde derzeit an der Kernfusion mit Wasserstoff geforscht. Auch Geothermie sei eine Alternative.

Unterstützung bekommen die Windkraftgegner aus dem Potsdamer Umland aus den Rathäusern in Beelitz, Werder (Havel) und Stahnsdorf. Als einer der Ersten hat der Beelitzer Bürgermeister Bernhard Knuth (Bürgerbündnis) am Freitag für das Volksbegehren gestimmt. Der Beelitzer Altbürgermeister Thomas Wardin ist Ludwigs Verein beigetreten.

Der Rückhalt aus der Region macht den Gegnern Hoffnung: „Wir sind das Salz der Demokratie“, sagt Plarre selbstbewusst. Mit dem „Wir“ meint sie die vielen Bürgerinitiativen. Einen Atemzug später fügt sie trocken hinzu: „Leider isst man in Brandenburg lieber salzarm.“

Besondere Sorge bereitet ihr und dem Fichtenwalder Ludwig die rechtliche Lage – die gleiche einem Wildwuchs. „Es gibt derzeit keine gesetzliche Regelung mehr zu Mindestabständen“, so Ludwig. Wie berichtet wurden die Regionalpläne ausgehebelt, weil der übergeordnete Landesentwicklungsplan gerichtlich gekippt wurde. Windparkbetreiber können dadurch ihre Anlagen auch in unmittelbare Siedlungsnähe oder in den Wald stellen.

„Immerhin haben wir es als kleiner Verein geschafft, Klage- und Anhörungsrecht zu erhalten“, sagt Ludwig. Das steht in Umweltbelangen großen Umweltorganisationen wie dem BUND oder Nabu zu. Jetzt sei auch der Waldkleeblattverein offiziell als Umweltvereinigung anerkannt worden. Ein Highlight, so Ludwig. Der Fichtenwalder verbreitet Zuversicht – von Misserfolgen will er nicht sprechen. „Früher hat man uns für verrückt gehalten, als wir auf die Brandgefahr von Windrädern in trockenen Wäldern aufmerksam gemacht haben.“ Heute sage keiner mehr, dass so ein Brand beherrschbar sei. Das Argument, dass ein Brand noch nie vorgekommen sei, lässt er nicht gelten.

Der Auftakt zum Volksbegehren startet heute um 11 Uhr in Potsdam in der Straße Am Kanal 12.

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