Volksinitiative "Rettet Brandenburg" http://localhost:8081/gegenwind These are the search results for the query, showing results 1 to 4. Die technische Grenze ist erreicht http://localhost:8081/gegenwind/intern/nachrichten/die-technische-grenze-ist-erreicht Eine Versorgung mit 100 Prozent „Ökostrom“ ist nicht möglich https://ef-magazin.de/2018/03/15/12447-energiewende-die-technische-grenze-ist-erreicht

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Eine Versorgung mit 100 Prozent „Ökostrom“ ist nicht möglich

 

 

ArtikelbildBildquelle: shutterstock Ein frommer Wunsch: 100 Prozent „Ökostrom“

 

 

Steter Tropfen höhlt den Stein, und man muss es wiederholen, bis es sitzt: Der Strom aus Windkraft und Sonnenstrahlen („Ökostrom“) ist nicht nur unglaublich teuer und gänzlich unnötig, sondern stößt auch an technische Grenzen. Die Immer-noch-Kanzlerin Merkel, die Bundesregierung, die Altparteien, nahezu alle anderen deutschen Politiker, andere Befürworter und alle Energiewende-Profiteure setzen sich in unverantwortlicher Weise darüber hinweg. Und die AfD? Sie ist die einzige Partei in Deutschland, die in ihren Parteiprogrammen gegen die Energiewendepolitik auftritt. Aber setzt sie sich auch dafür ein, was sie in ihren Programmen verkündet? Man vernimmt wenig bis nichts, man spürt Halbherzigkeit, glaubt, Ängstlichkeit zu erkennen. Dabei hat sie die Sachargumente auf ihrer Seite. Die technischen Grenzen des „Ökostroms“ gehören entscheidend dazu.

Über diese Grenzen hat jüngst die Vereinigung Stromverbraucherschutz NAEB informiert. Ich gebe diese Information im Wortlaut wieder. Ihr Autor ist Prof. Dr. Hans-Günter Appel. Die Zwischenüberschriften sind von mir eingefügt.

Was mit dem Energiewende-Strom alles fehlläuft

Professor Appel schreibt: „Es ist wohl inzwischen allgemein bekannt, die Energiewende wird immer mehr zu einer wirtschaftlichen Katastrophe. Sie ist zu einer Umverteilung von unten nach oben mutiert. Die gesteckten Ziele wurden nicht erreicht. Fossile Brennstoffe wurden nicht eingespart. Die Erzeugungskosten des Ökostroms sind weit höher als die der konventionellen Kraftwerke ohne jede Aussicht, dass sich dies ändern könnte. Für Wendestrom werden nach Angaben aus dem Bundesumweltministerium für die gleiche Menge neunmal mehr Arbeitskräfte eingesetzt als für Strom aus Braunkohlekraftwerken. Die mit der zunehmenden Einspeisung von Ökostrom steigenden Strompreise vertreiben immer mehr Industriebetriebe aus Deutschland. Trotz dieser Erkenntnisse will die Bundesregierung an dem Ziel festhalten, Deutschland mindestens mit 80 Prozent Ökostrom zu versorgen. Ist dies technisch überhaupt für ein Industrieland möglich?“

Das Stromnetz ist nur Transportmittel, kein Speicher

„Wir erwarten und brauchen jederzeit Strom, wenn wir den Schalter betätigen. Doch es soll nicht nur Strom fließen. Der Strom muss stabil sein. Die Spannung darf nur um wenige Prozent schwanken und die Frequenz von 50 Hertz (Schwingungen pro Sekunde) muss stabil sein. Diese Anforderungen sind außerordentlich schwer zu erfüllen, denn der Strom muss immer in dem Augenblick erzeugt werden, in dem er auch verbraucht wird. Das Stromnetz ist also kein Teich, in dem man Strom lagern kann, sondern lediglich ein Transportmittel ohne jede Speicherkapazität. Ein stabiles Stromnetz ist nur möglich, wenn Regelkraftwerke ständig bereitstehen, um bei Bedarf zusätzlichen Strom in das Netz zu speisen oder bei Minderanforderungen die Strommengen zu verringern. Weiter müssen alle Stromerzeuger nicht nur mit der gleichen Frequenz, sondern auch mit der gleichen Phasenlage in das Netz einspeisen. Sonst gibt es Wellensalat und das Netz bricht zusammen.“

„Zur Erläuterung: In unserem Stromnetz wechselt die Spannung 50 Mal je Sekunde zwischen Plus und Minus. Jeder Stromerzeuger muss auf die Millisekunde genau seinen Strom auf die maximale Plus- und Minusspannung des Netzes einregeln.“

Nicht gebrauchter und nicht erzeugter Energiewende-Strom wird trotzdem bezahlt

Inzwischen sind in Deutschland mehr als 30.000 Windgeneratoren und einige Hunderttausend Solarstromanlagen mit einer Gesamtleistung von 100.000 Megawatt installiert. Der Leistungsbedarf schwankt je nach Wochentag und Tageszeit zwischen 40.000 und 85.000 Megawatt. Wenn der Wind weht und die Sonne scheint, gibt es immer häufiger mehr Strom aus Ökoanlagen, als überhaupt gebraucht wird. Dies ist kein größeres technisches Problem. Es können einfach Anlagen abgeschaltet werden. Wirtschaftlich ist es allerdings eine schlimme Sache. Nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erhält der Betreiber dann eine Entschädigung für das Abschalten der Anlagen in Höhe von 90 Prozent der EEG-Vergütungskosten für den nicht benötigten und nicht gelieferten Strom. Der Bäcker, der zu viele Brötchen gebacken hat, bleibt dagegen auf seiner Ware ohne Entschädigung sitzen.“

Wenn Sonne und Wind ausfallen, ist deren Stromproduktion Null, dann braucht man weiterhin Kohle, Kernkraft und Gas

„Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint, fällt die Leistung der Ökostromanlagen auf Null. Auch eine Verdreifachung der Anlagen, wie sie von der Bundesregierung geplant ist, ändert hieran nichts. Denn eine noch so hohe Leistung multipliziert mit null ergibt null. Die preiswerten und verlässlichen Kohle‑, Kern- und Gaskraftwerke müssen dann einspringen. Das Anfahren der Wärmekraftwerke dauert jedoch Stunden bis Tage. Um bei Bedarf sofort Strom liefern zu können, müssen die Kraftwerke betriebsbereit gehalten werden. Das kostet Brennstoff und Arbeitszeit ohne Stromproduktion.“

Keine sinnvollen Speicher für überschüssigen Energiewende-Strom in Sicht

Nach den Vorstellungen der Energiewender soll der Überschuss aus den Ökostrom-Anlagen, den es bei Starkwind und Sonnenschein gibt, gespeichert werden und in Flautezeiten wieder in das Netz abgegeben werden. Doch dies bleibt für die nächsten Jahrzehnte ein frommer Wunsch. Nach den derzeitigen Kenntnissen lässt sich Strom in größeren Mengen nur indirekt als potentielle oder chemisch gebundene Energie speichern, also in Wasserspeichern, Druckluftkavernen, Batterien oder als Methan aus Wasserstoff. Doch die Speicher reichen bei weitem nicht aus, um die Stromversorgung in Flautezeiten zu gewährleisten.“

Die technisch mögliche Umwandlung in Methan scheitert an zu dürftiger Effizienz

„Nur Methan könnte man in ausreichender Menge in Gaskavernen einlagern. Doch diese Möglichkeit scheidet wegen der geringen Effizienz aus. Die Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse, die Umwandlung in Methan, die Druckspeicherung in Kavernen und die Rückwandlung in Strom verschlingen bis zu 90 Prozent des eingesetzten Stromes. Es müsste also zehnmal mehr Strom erzeugt werden, als in der Flaute benötigt wird.“

Alles Speichern von „Ökostrom“ für den Großbedarf ist zu teuer

„Darüber hinaus ist das Speichern sehr teuer. Am günstigsten sind Pumpspeicherwerke. Werden sie täglich zur Abdeckung der Spitzenlast genutzt, kostet der Speicherstrom knapp 20 Cent pro Kilowattstunde. Er steigt aber schnell über einen Euro, wenn der Speicherstrom nur an wenigen Tagen des Jahres in das Netz gedrückt wird. Grund sind die hohen Investitionskosten für Speicher. Ähnliche Kosten haben die Druckluftspeicher. Batterien sind deutlich teurer. Hier muss auch geprüft werden, ob auf der Welt überhaupt ausreichend Metalle für den Bedarf in Deutschland zur Verfügung stehen. Für den Weltbedarf reicht es mit Sicherheit nicht. Zur Speicherung als Methan müssen für die Erzeugung von Wasserstoff und die anschließende Umwandlung in Methan riesige chemische Anlagen gebaut werden, die nur wenige Stunden im Jahr genutzt werden, nämlich nur, wenn der Wind stark bläst und die Sonne scheint. Für diese Zeiten müssen die Anlagen ständig betriebsbereit gehalten werden.“

Wie die großen herkömmlichen Kraftwerke die Netzfrequenz stabilisieren

„Unser Stromnetz hat einen internen Speicher, der kurzfristige Schwankungen zwischen Einspeisung und Verbrauch auffängt. Es sind die riesigen rotierenden Schwungmassen von vielen Tausend Tonnen der Turbinen und Generatoren, die Strom in den Dampf- und Gaskraftwerken erzeugen und die über das Netz synchronisiert sind. Die Rotationsenergie wird als ‚Momentanreserve‘ bezeichnet. Wird mehr Strom gefordert als eingespeist, so geben die rotierenden Massen Strom an das Netz ab unter leichter Absenkung der Frequenz. Dies ist ein Signal, mehr Dampf einzuspeisen, um die Generatorleistung zu erhöhen. Im umgekehrten Fall wird durch weniger Dampf die Generatorleistung vermindert, um eine zu hohe Frequenz wieder abzusenken. So stabilisieren die großen Kraftwerke die Netzfrequenz.“

Warum ein Versorgen mit 100 Prozent „Ökostrom“ nicht möglich ist

„An dieser Netzfrequenz können sich die kleinen Ökostromanlagen ausrichten, um ihren Strom dann synchron, also mit der gleichen Frequenz und Phasenlage, in das Netz einzuspeisen. Ohne diese Richtfrequenz und nur mit den kleinen Ökostromanlagen kommt es sehr schnell zu einem Zusammenbruch des Netzes, weil eine vollkommen synchrone Einspeisung nicht gelingt, weil die Leistung der Wind- und Solaranlagen stark schwankt und ständig nachgeregelt werden muss. Eine hundertprozentige Versorgung mit Ökostrom dürfte nach dem heutigen Stand der Technik nicht möglich sein. Es gibt zwar einige Vorstellungen, wie ein solches Netz stabilisiert werden könnte. Dazu müssten aber erhebliche Investitionen vorgenommen werden, die den Strompreis weiter kräftig in die Höhe trieben.“

Die Netzstabilität braucht mindestens 45 Prozent Strom aus zentralen Großkraftwerken

„Nach den Kenntnissen und Erfahrungen der Fachleute vom Stromverbraucherschutz NAEB, die über Jahrzehnte erfolgreich in der Stromversorgung tätig waren, müssen mindestens 45 Prozent unseres Stromes in Großkraftwerken mit den entsprechenden Schwungmassen erzeugt werden, wenn das Netz stabil gehalten werden soll. Diese Grenze wird bereits jetzt bei Starkwind und Sonnenschein immer wieder erreicht oder sogar unterschritten. Netzzusammenbrüche erfolgten bisher nicht, dank des Europäischen Verbundnetzes, durch das das deutsche Netz stabil gehalten wurde, denn unsere Nachbarländer haben kaum Ökostromanlagen.“

Die technische Grenze für den Energiewende-Strom ist erreicht

„Wir haben inzwischen die technischen Grenzen für Ökostrom erreicht. 30 Prozent Ökostrom kann unser Netz noch verkraften. Doch darüber hinaus wird es problematisch. Es wird Zeit, dass sich die Regierung und die Parteien darüber klar werden. Die utopischen Ziele der sogenannten Energiewende sind nicht zu erreichen. Jeder weitere Ausbau von Ökostromanlagen führt nur zu noch höheren Stromkosten, weiterer Zerstörung der Umwelt und weiterem Verlust von Arbeitsplätzen durch Abwanderung der Industrie.“ Soweit Professor Appel vom Stromverbraucherschutz NAEB.

PS: Wenn ich gelegentlich wie jetzt die NAEB zitiere, müssen Sie wissen, dass ich Mitglied der NAEB bin und dort dem Beirat angehöre, also befangen sein kann.

Webseite der Stromverbraucherschutzvereinigung NAEB

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No publisher Carsten Stengel - Webmaster Startseite NAchricht Energie 2018-03-17T17:55:00Z Nachricht
Energiewende: Zurück ins Mittelalter, Teil I Die Next Kraftwerke http://localhost:8081/gegenwind/intern/nachrichten/energiewende-zurueck-ins-mittelalter-teil-i-die-next-kraftwerke Das FOCUS Magazin, Nr. 24 (2016) titelt in seinem Artikel über eine neue Geschäftsidee der Firma Next Kraftwerke in Köln "Ihr Versprechen: die Macht der Energiekonzerne zu brechen" und weiter "Strom zu produzieren und zu verkaufen war lange Zeit das Geschäft von RWE, E.on & Co. Mit neuen, smarten Geschäftsmodellen drängen junge Firmen in den abgeschotteten Markt". Stromautarkie bis herunter zu Privathaushalten bietet somit Next Kraftwerke an und damit Unabhängigkeit von den großen externen Stromanbietern. Die Silberkugeln dieses Geschäftsmodells sollen Batterien und der Zusammenschluss von Strom-Kleinsterzeugern zu einem virtuellen Kraftwerk sein. Die Batterien der Mitglieder speichern ihren aus Erneuerbaren gewonnenen Strom und stellen ihn bei Bedarf anderen Mitgliedern zur Verfügung. Energiewende: Zurück ins Mittelalter, Teil I  Die Next Kraftwerke

Prof. Dr. Horst-Joachim Lüdecke, Physiker

Ähnliche Visionen zur Beseitigung der Energiewendeschäden gab es freilich schon viele. Es wird sie immer wieder geben, solange das Monster Energiewende weiter Unheil anrichtet. Alle solche Visionen scheiterten regelmäßig an der Technik, den Naturgesetzen und den Kosten. Stellvertretend seien nur Desertec, Power to Gas und Ringwallspeicher genannt. Die Next Kraftwerke meinen eine Lösung für die technische Unbrauchbarkeit von Flatterstrom aus Sonne und Wind gefunden zu haben. Ist sie realistisch? Sachliche Antworten auf diese und weitere Fragen ähnlicher Art haben im Allgemeinen das Problem der technischen Argumentation. Daher zuerst einmal ohne Technik und Physik. Dies reicht bereits aus, die Vision der Next Kraftwerke als Schnapsidee zu entlarven. In den weiteren drei Teilen werden die nicht sehr aufregenden Next Kraftwerke nur bei passenden Passagen erwähnt und die Energiewende selber unter die Lupe genommen werden. Dan sind freilich technische Argumente unverzichtbar. Der Hauptgrund nämlich, warum der technische Unfug "Energiewende" mit ihren bereits unübersehbaren Schäden und Kosten überhaupt politisch durchsetzbar war und immer noch ist, besteht in der angeblichen Alternativlosigkeit des Projekts und der Unkenntnis des Wahlbürgers darüber, was sich hier technisch abspielt.

Noch vor 2 Jahrzehnten besaß Deutschland eine der sichersten, kostengünstigsten und zuverlässigsten Stromsysteme überhaupt. Verwaltet sowie technisch regelmäßig auf den neuesten Stand gebracht wurde dieses System von den großen Erzeugern wie E.on, RWE und den Stadtwerken. Relativ wenige Kohle- und Kernkraftwerke als sog. Grundlastkraftwerke standen an geeigneten Orten nahe den Ballungsgebieten der Verbraucher. Naturschädigungen durch diese Grundlastkraftwerke sind nicht bekannt. Warum Deutschland sich von diesem optimalen Versorgungszustand mit Elektrizität ins Nirwana der Energiewende begeben hat, ist mit Rationalität nicht zu erklären.

Die Vision der Next Kraftwerke ist nichts anderes als die Rückkehr zu mittelalterlichen Verhältnissen der kleinteiligen Selbstversorgung - mit all ihren Nachteilen. Im Mittelalter waren ausschließlich Bauern mit damals 90% Bevölkerungsanteil für die Nahrungsversorgung zuständig. Es herrschte Selbstversorgung. Das Ergebnis war miserabel, Hungersnöte an der Tagesordnung. Diese Katastrophen waren auch mit Nahrungsaustausch zwischen Nachbarn nicht zu beheben. Analoges gilt für kleinteiligen Stromaustausch, es sei denn, wir geben den Industriestandort Deutschland auf und kehren zu  Verhältnissen in Entwicklungsländern zurück.

Mit der Energiewende - real Stromwende, weil es nur um Strom mit 20% Anteil an der Primärenergie geht - beschreitet Deutschland den Weg zurück ins Mittelalter. Daran ändert auch der Einsatz modernster Technik nichts, wie sie etwa in Windrädern eingebaut ist. Aktuell rund 25.000 Windräder mit einer Nennleistung weit über den realen Bedarf hinaus erzeugen nämlich nur grob 1,5% der deutschen Primärenergie, Solarzellen ca. 0,5%. Die Gründe für dieses miserable Abschneiden werden in Teil I und II näher erläutert. Trotz ihres fast verschwindenden Beitrags zur deutschen Primärenergie nehmen umgekehrt die Landschafts- und Naturschädigungen durch Windräder und Energiemais unerträgliche Ausmaße an. Ein Ende dieses von der großen Koalition verantworteten planwirtschaftlichen Wahnsinns ist nicht absehbar - im Gegenteil. Die Pläne der GroKo zielen sogar darauf, allen Strom aus Erneuerbaren zu beziehen.  Die Umsetzung dieser Pläne würde den Industriestandort Deutschland zerstören. Die harte Realität der Naturgesetze und Größenordnungen werden diese Illusionen in absehbarer Zukunft entzaubern, je früher, desto besser.

04. Juli 2016


Prof. Dr.
Horst-Joachim Lüdecke

Horst-Joachim Lüdecke ist ein deutscher Physiker für Strömungsmechanik und emeritierter Professor an der Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes (HTW). Er ist Autor von Sachbüchern zum Klimawandel.

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No publisher Carsten Stengel - Webmaster Startseite Energie 2016-07-07T18:00:50Z Nachricht
Umweltdatenkataloge Brandenburg http://localhost:8081/gegenwind/intern/dokumente/dokumente-fuer-wissenswertes/umweltdatenkataloge-brandenburg Icon Ordner Umweltdatenkatalog Brandenburg

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No publisher Carsten Stengel - Webmaster Naturschutz Energie Wissenswertes 2014-05-01T12:25:00Z Seite
Aufstand in der Rotorsteppe http://localhost:8081/gegenwind/intern/dokumente/dokumente-fuer-wissenswertes/aufstand-in-der-rotorsteppe 01.07.2013 - Von Schulz, Matthias: In Deutschland sind 60#8239000 neue Windräder geplant: in Wäldern, auf Gipfeln der Voralpen und sogar in Schutzgebieten. Bürger laufen Sturm gegen die Verschandelung der Landschaft. Kosten explodieren - die Energiewende gerät in Gefahr. spiegel1327.pngDer Husarenhof nördlich von Stuttgart, malerisch gelegen zwischen Obstwiesen und Weinbergen, ist ein gemütlicher Weiler. Das Haus von Peter Hitzker steht in einer scharfen Linkskurve. "Morgens liegen manchmal kaputte Autos im Vordergarten", erzählt er. "aber irgendwas ist ja immer."

Nur mit dem Windmast hinter seinem Gartenzaun kommt der Mann nicht klar. Der Turm ist 180 Meter hoch. "Flapp, flapp" machen die Flügel, man hört die Stellmotoren: "grrrrhhhnn".

"Wenn ich im 15 Kilometer entfernten Heilbronn aus meiner Stammkneipe komm, seh ich das Rädle gleich am Horizont und weiß, wo's langgeht", erklärt der humorige Schwabe.

Mehr Vorteile fallen ihm allerdings nicht ein - im Gegenteil. Das Ding sei "schrecklich", sagt er. "Es hat die Gemeinde gespalten. Hier herrscht Krieg."

Seit über einem Jahr schon dreht sich die Enercon "E-82" über den Hängen der Neckarschleife. Am Tag der Einweihung schossen die "Schwarzen Jäger" vom Schützenverein mit ihren Flinten in die Luft. Der Pfarrer sprach salbungsvolle Worte über die Bewahrung der Schöpfung.

Andere dagegen sind sauer, sie ärgern sich über die Verhunzung jener Landschaft, die schon Hölderlin und Eduard Mörike besangen. Die Gegner haben ein Bild vom Schnitter Tod gemalt, wie man ihn aus mittelalterlichen Chroniken kennt. Statt der Sense hält er einen Rotormast in der Hand.

So wie im Husarenhof gärt es überall. Nach dem Atomunglück von Fukushima und der hastig ausgerufenen Energiewende sind die Bundesländer in eine Art Übereifer geraten. Brandenburg will in Zukunft fast zwei Prozent Landesfläche für Windmühlen bereitstellen. Rheinland-Pfalz möchte seinen Windstrom mehr als verdoppeln, Nordrhein-Westfalen sogar über 300 Prozent drauflegen.

Deutschland dreht durch.

Tieflader, beladen mit Turmsegmenten, quälen sich über morastige Äcker. Kräne kriechen schmale Forstwege empor, um auf Berggipfeln überdimensionale Luftschrauben zu errichten. Ziel ist, die Windkraft in Deutschland in den nächsten sieben Jahren von 31 000 Megawatt auf 45 000 Megawatt zu steigern. Bis zur Mitte des Jahrhunderts sollen es dann 85 000 Megawatt sein.

Weil die Filetstücke an der Waterkant schon alle weg sind, drängen die Betreiber nun verstärkt ins Binnenland. Moseltal, Allgäu, Voralpenland - auch touristisch wertvolle Gegenden sollen geopfert werden. Selbst im Gebiet des Bodensees und nahe Starnberg, wo Bayernkönig Ludwig II. ertrank, wurden Flächen ausgewiesen.

Noch geht es vor allem um Pläne, Berichte, Anträge. Aktenordner voller Genehmigungspapiere und Windhöffigkeitsmessungen quellen aus den Schubladen der Behörden. Rund 60 000 neue Strommühlen sollen her. Sie werden das Antlitz der Republik verändern.

Was geschieht da eigentlich? Schaffen besonnene Politiker gerade das Instrumentarium zur Verhinderung des Weltuntergangs? Oder verschandeln sie nur die Heimat?

Über 700 Bürgerinitiativen sind mittlerweile im Land aktiv. Sie wehren sich gegen "Mastenwälder", "optische Emissionen" und eine "flächendeckende Verheerung unserer Mittelgebirgskuppen".

Gegner tragen Särge, die den Naturschutz symbolisieren, zu Grabe. Kaum ein Tag vergeht ohne Unterschriftenaktionen oder dem Einreichen von Petitionen. Anwohner vom Starnberger See haben Verfassungsklage erhoben.

Keine Frage: Da tobt unversöhnlich ein Grundsatzstreit. Naturschützer, Tierfreunde und Baumromantiker, die den Erholungsraum Natur verteidigen, stehen einer fortschrittlich gesinnten Kaste von Ressourcenschonern und Klimarettern gegenüber, die sich um die Zukunft des Planeten sorgt.

Nur: Wie viele Haine müssen weichen, wie viele Horizonte verspargelt werden, um die Energiewende zu schaffen? Und wo fängt der Übereifer an - und das Verplempern von Steuergeldern?

Bei den Grünen greift das Gezerre mittlerweile tief ins Selbstverständnis. Weil der Umweltclub BUND die Windkraft befürwortet, trat sein Gründungsmitglied, Enoch zu Guttenberg, im vergangenen Jahr mit lautem Gepolter aus dem Verein aus. Er verspürt seitdem das "panische Bedürfnis", die Menschheit vor den "Riesentotems eines Kults der unbegrenzten Energie" zu warnen.

Auch Deutschlands "Moorpapst", Michael Succow, Träger des Alternativen Nobelpreises, droht, von der Fahne zu gehen. Er hat Angst vor seelenlosen Fluren und dem Verlust der Stille.

Die Furcht ist nicht unbegründet. Die Zeiten, als Ökofreaks in den achtziger Jahren klapprige Windräder vom Typ "Aeroman" in den Vorgarten stellten, sind vorbei. Heute bauen die Hersteller Türme mit Nabenhöhen bis zu 160 Metern. Im Betrieb erschlagen die wirbelnden Maschinen so viele Insekten, dass die klebrige Masse die Rotoren bremst.

Eine Fläche von sieben Fußballfeldern streicht das Modell "E-126" der Firma Enercon mit seinen Flügeln ab. Rotorkränze moderner Anlagen wiegen bis zu 320 Tonnen. Nahe Ribbeck im Havelland stehen 83 dreiarmige Banditen: Deutschlands größter Windpark.

Tolerant gestimmte Städter, die derlei Stangenwälder mit ihren SUV durchfahren, wundern sich zuweilen, wie hässlich der Osten geworden ist. Andere gewinnen den Drehschrauben - zumindest im Vorbeieilen - visuelle Reize ab.

Die Nimbys vor Ort jedoch ("Nimby" für: not in my backyard) sind dagegen ungehalten - schon deshalb, weil der Wert ihrer Häuser ins Bodenlose sinkt.

Selbst demografisch ausgedünnte Provinzen besinnen sich deshalb auf Gegenwehr, wie die Bewegung "Rettet Brandenburg" beweist. Über 3100 Windkraftanlagen gibt es dort. In keinem Bundesland stehen die Rotoren dichter.

Doch erst jetzt, wo die Regierenden weitere 3000 dazupflastern wollen, regt sich Zorn. Eine "Volksinitiative" hat sich gebildet. Bei einem Aktionstag Ende Mai schimpften die Macher gegen "Windraffkes" und Mühlenmonster.

Den Hang zur Übergröße werden die Empörer damit kaum stoppen. Um den Schwachwind, der im Binnenland weht, auf lohnende Weise zu ernten, müssen die Strommüller immer höher in die Atmosphäre vorstoßen.

Raus aus den bodennahen Turbulenzen, empor ins ewige Geblase der Ekmanschicht, die in 100 Metern beginnt - das ist das Ziel. Nur dort oben wogen jene terrawattstarken Urgewalten, mit denen sich der gesamte Energiebedarf der Menschheit hundertfach stillen ließe. Theoretisch.

An Land sei der "technische Trend" zu größeren Anlagen "ungebrochen", heißt es in einer soeben erschienenen Untersuchung des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES).

Was da noch alles aufs Stromvolk zukommt, lässt ein Besuch beim IWES-Testzentrum in Bremerhaven ahnen. Dort liegt ein Rotorblatt der nächsten Generation. Es ist biegsam, fast wabbelig, 30 Tonnen schwer und hat eine Länge von 83,5 Metern.

Zurzeit durchläuft das monumentale Werkstück ein Prüfverfahren. Hydraulische Stempel und Seile drücken, biegen und knuffen den Flügel millionenfach. So lässt sich die Belastung durch Sturm und Böen simulieren.

Der IWES-Meteorologe Paul Kühn vermutet, dass die Türme noch auf Nabenhöhen von 200 Meter anwachsen. Erst danach greife das "Kubische Massenwachstumsgesetz", das jedes weitere Vergrößern ökonomisch unsinnig mache.

Mahnmale des Atomausstiegs, deren Flügelspitzen fast 300 Meter in die Wolken reichen? Das erscheint selbst hippen Ökostromern, die im Asphaltdschungel wohnen, gewöhnungsbedürftig.

Wie brutal die Riesenquirle die Luft zerhacken, belegen neue Studien der Vogelschützer. "Goldregenpfeifer meiden die Anlagen", erklärt der Potsdamer Ornithologe Jörg Lippert. Schwalben und Störche düsen voll rein. Der Mopsfledermaus reißt schon beim Vorbeiflug der Lungensack. Dem Schreiadler und dem Rotmilan sagt Lippert eine "fürchterliche Zukunft" voraus.

Um die gewaltigen Ziele der Windwende zu erfüllen, muss auch der Bürger Opfer bringen. In England stehen große Strommühlen mindestens 3000 Meter von Wohnhäusern entfernt.

Im engen Deutschland, wo sich Heim an Hütte drängt, packen die Kommunalplaner die Gondeln viel dichter zusammen. Bayern erlaubt eine Distanz von 500 Metern, in Sachsen sind es sogar nur 300 Meter.

In der Pionierzeit, als sich alle noch freuten über die saubere Windkraft, ließen manche Küstenbauern die Masten bis auf 250 Meter an ihre Katen heranbauen. Für Stampeden im Schweinestall, ausgelöst durch die Rotorgeräusche, erhielten sie satte Entschädigungen.

Doch nun nörgelt auch der Norden. Viele Altanlagen werden dort derzeit gegen neue, leistungsstärkere Turbinen ausgetauscht (Stichwort: "Repowering"). Die sind statt 50 nun mehr als 150 Meter hoch, haben Blinklichter, damit keine Flugzeuge reinsausen, und durchwirbeln lärmend die Luft.

Die Folge: Überall ertönen Klagen wegen des Krachs.

Mit leeren Augen und zitternder Stimme - so treten die Schallopfer an. Es sind die Märtyrer der Bewegung. Auch Klaus Zeltwanger gehört dazu. Der Bauer wohnt nur 370 Meter vom Rotor beim Husarenhof entfernt. "Es patscht und rauscht", erzählt er, "dann wieder brummt es wie beim Flugzeugstart."

Derlei Klagen wiesen die Gerichte bislang meist ab. Windräder genießen Sonderrechte. Sie juristisch zu bekämpfen ist schwer.

Immerhin: Bereits im Jahr 2006 erfocht eine Frau vor einem Gericht in Münster einen Sieg. Sie wohnte nur 270 Meter von einem Rotor entfernt und pochte auf das "Gebot der Rücksichtnahme", wonach keine technische Anlage so nah am Haus stehen darf, dass sie eine "optisch bedrängende Wirkung" ausübt. Die Fachleute sprechen intern vom "Verzwergungsgefühl".

Nach langem Streit bekam die Klägerin Recht. Der Riese wurde abgerissen.

Es gibt noch einen weiteren juristischen Hebel. Laut Bundesimmissionsschutzgesetz darf der Lärm in Wohnmischgebieten nachts nicht über 45 Dezibel liegen. Was das in Meterabstand bedeutet, wusste lange niemand.

Nun liegt auch hier ein Urteil vor, das die gesamte Energiewende erschüttern könnte. Gefällt wurde es vom Oberlandesgericht München. Geklagt hatte eine Hausfrau aus Marxheim nahe der Donau, deren blumengeschmücktes Bauernhaus 850 Meter vor einer Enercon "E-82" entfernt steht. Mit Wucht seien die Schallwellen "über Wald und Senke" herangerauscht, erzählt sie.

In den Akten ist von "Fauchen", "Zischen" und "Pfft-Geräuschen" die Rede. Ein Akustiker ermittelte eine Stärke von 42,8 Dezibel. Wegen der "Impulshaltigkeit" des Lärms schlug er noch mal 3 Dezibel drauf.

Ergebnis: Das Windrad darf zwischen 22 und 6 Uhr nur noch gebremst laufen. Damit ist es unrentabel.

Zwar bemüht sich die Firma Enercon zurzeit um eine Revision des Urteils beim Bundesverwaltungsgericht. Doch die Aussichten stehen schlecht. Hunderte Propeller drehen sich in der neudefinierten Verbotszone. Kommt jetzt der große Abriss?

Der Rechtsanwalt Armin Brauns aus Dießen in Bayern rechnet zumindest mit einer "Klagewelle". In seiner Kanzlei türmen sich die Prozessakten. "Denn auch beim Landschaftschutz", so der Fachmann, "verhalten sich manche Kommunen unfair und umgehen die bestehenden Gesetze."

Der Windbranche kommt das Gerangel äußerst ungelegen. Zwar sollen sich im Land bald Abertausende neue Turbinen drehen. Doch aktuell hapert es an Aufträgen.

Lange mästeten sich die Unternehmen prächtig an der Vergütung, die der Staat ihnen für den Windstrom garantiert. Ein ganzer Industriezweig entwickelte sich so zum Subventionskoloss. Die Folge: aufgeblähte Firmen mit Überkapazitäten.

Erschwerend kommt hinzu, dass der Zunft nun auch international die Märkte wegbrechen. Die beiden wichtigsten Windstrom-Länder zögern mit dem Weiterbau. Die USA bevorzugen das billigere "Fracking", das umstrittene Herauspressen von Erdgas aus Schiefergestein. China hat Probleme mit den Netzen, auch dort erlahmt die Lust an den Luftquirlen.

"10 000 Arbeitsplätze" seien hierzulande in Gefahr, warnte vor kurzem Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD). Der dänische Hersteller Vestas musste bereits etwa 1400 seiner Stellen streichen.

Entsprechend gereizt ist die Stimmung. Überall fehle die "ordnende Hand", schimpft der Firmenleiter von WeserWind, "es herrscht das totale Chaos".

Zwar schwört der Grünen-Chef Cem Özdemir, dass der Klimaschutz "auch wirtschaftlich eine große Chance für unser Land" sei. De facto aber wird alles teurer. An der Strombörse in Leipzig kostet die Kilowattstunde unter 3,5 Cent. Der Verbraucher zahlt mittlerweile etwa 27 Cent. Der Preis ist mit Steuern und Ökoabgaben überfrachtet.

Gründe dafür gibt es viele. So ist die Stromklempnerei auf dem Meer viel aufwendiger als gedacht. Die Akrobaten auf hoher See betreten pannenträchtiges Neuland.

Doch anstatt die elegante Offshore-Technologie in Ruhe zu entwickeln, hat sich die Politik durch ihre Atom-Deadline im Jahr 2020 selbst unter Druck gesetzt. Nun neigen alle zu Hektik. Resultat: Kaum steigen auf hoher See die Kosten, stürzen sich die Luftschrauber wie im Taumel wieder aufs Binnenland.

Billiger wird es aber auch dort kaum. Riesige Stromautobahnen müssen her, um die Energie der Tüddelmasten von der Waterkant Richtung Süden zu leiten. Das komplette Netz muss dafür umgestaltet werden.

"Wir planen hier nichts weniger als eine technische Revolution", erklärt ein Sprecher des Umweltministeriums in Hannover. "Bislang führte das dünnste Kabel nach Kleinkleckersdorf. Heute brauchen wir dort das dickste, weil die Windparks in der Ödnis stehen."

Etwa 2800 Kilometer neue Höchstspannungsleitungen werden benötigt, dazu 7000 Kilometer Verteilungsnetze. Die Kosten dafür schätzt man auf 10 bis 20 Milliarden Euro.

Ein gewaltiges Vorhaben. Um es auf den Weg zu bringen, beschloss die Bundesregierung bereits im Jahr 2006 das Infrastrukturplanungsbeschleunigungsgesetz. 2009 folgte das Energieleitungsausbaugesetz, vor vier Wochen verabschiedete der Bundestag das Bundesbedarfsplangesetz.

Was für lange Wörter! Die Leitung dagegen ist noch erstaunlich kurz. Erst 268 Kilometer des geplanten Elektronetzes sind fertig.

Schuld an der Verzögerung ist nicht zuletzt jene vieltausendfache Truppe von Elektrosmog-Hysterikern, die jede neue 110-Kilovolt-Strippe bekämpft, als wäre sie ein Werk des Teufels. Der Windpark kommt stets mit seinem hässlichen Bruder daher, dem Freileitungsmast.

Also Erdkabel? Das zumindest fordern die Empörer. Sie übersehen allerdings dabei, dass im Boden verlegte 380-Kilovolt-Trassen armdicke Kupferstränge brauchen, um nicht heiß zu laufen. Das kostet enorm viel Geld. Insgesamt sind Erdkabel bis zu zehnmal teurer als solche, die in der Luft baumeln.

Oft sind die Engpässe bei den Netzen bereits so groß, dass sich die Stromräder vergebens drehen. Bei steifer Brise müssen sie abgeregelt werden, im Jahr 2010 waren das 127 Gigawattstunden. Das entspricht dem Jahresbedarf von 100 000 Deutschen.

Doch bange machen gilt nicht. Kostet die Entsorgung des Atommülls nicht auch Unsummen? Und wer mag jene Mondlandschaften, die die Braunkohlegewinnung in der Flur hinterlässt?

Zwar steigen die Bedenken. Sachsen hat seine Ausbaupläne bereits eingedampft, Thüringen mag keine Windräder im Wald.

Doch insgesamt steht die Phalanx noch ziemlich geschlossen. Es sind kühne Politiker mit Retterblick, die furchtlos und parteiübergreifend an der Utopie einer vorbildlichen Öko-Nation festhalten.

Schleswig-Holsteins grüner Umweltminister Robert Habeck fühlt sich gar als Agent eines "Jahrhundertwerks". Um seiner Entschlossenheit Ausdruck zu verleihen, nennt er sich "Minister für Energiewende". Heute, sagt er, werde jene Infrastruktur geschaffen, die dafür sorge, "dass für unsere Kinder der Rohstoff Strom fast kostenlos ist".

Wie er das rechnet, ist ziemlich rätselhaft. Aktuell jedenfalls muss der Verbraucher immer mehr löhnen - und andere machen den Reibach: Mit Renditen von sechs bis neun Prozent werden die Mitglieder von Bürgerwindparks gelockt. Gespeist werden die Gewinne vor allem durch Subventionen, die man dem Bürger vorher abgezwackt hat.

Auch die Landwirte verdienen nicht schlecht beim Umstieg auf die Windkraft. Gute Mühlenstandorte bringen in Bayern über 50 000 Euro Pacht im Jahr. Wer wäre da nicht gern bereit, der guten Energie zum Sieg zu verhelfen.

Baron Götz von Berlichingen aus Jagsthausen, ein Nachfahr des goetheschen Ritters in der 18. Generation, ist soeben dabei, mit dem Energiekonzern EnBW auf seinen Latifundien elf Windparks zu entwickeln. Als Acker brächte ihm der Hektar höchstens 700 Euro. Als Stellplatz für Propeller springt ein Vielfaches heraus.

Deswegen werde genehmigt, was das Zeug hält, meinen Windkraftgegner und schimpfen über ideologisierte Klimaapostel, Flurverräter und gierige Stromzocker, die noch das letzte Fleckchen Heimat der Energiewende opfern.

Richtig ist, dass Wildwuchs herrscht. 35 Prozent Ökostrom wollte die Regierung bis zum Jahr 2020 erreichen. Doch die Länder haben im Übereifer schon so viele Flächen ausgewiesen, dass man auf 80 Prozent käme.

Anstatt die Brummer auf Industriebrachen zu verbannen oder sie entlang von Autobahnen aufzustellen, werden sie kleckerweise über anmutige Bergpanoramen oder an Seenplatten verteilt. Das ist wenig durchdacht.

Was die Gegner aber am meisten schockt, ist der großflächige Angriff auf den Wald. Der nordische Tann, der große Zauberort und Gemütsraum der Romantik, die Heimstatt von Esche und Eiche - all das ist durch das Lockern der Vorschriften in Gefahr.

Vom Odenwald bis zu den Birkenhainen Mecklenburgs drängen Monstertrucks ins Gehölz vor. Nordrhein-Westfalens Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) hat angekündigt, dass er gern rund 2000 Rotoren in die Wälder stellen möchte. Auch Hessen will Tausende Hektar abholzen.

Einige Pionierprojekte laufen bereits, zum Beispiel bei Ellern im Hunsrück, wo sich seit kurzem ein Weltrekord-Windrad von 200 Meter Höhe über den Baumkronen dreht.

Sattelschlepper haben riesige Gondeln samt Trafostationen die engen Forstwege emporgezogen. Ein 1000-Tonnen-Kran gelangte über die glitschigen Steigungen auf den Gipfel. In den Kurven musste Gehölz gefällt werden. Oben sorgten Motorsägen für Kahlschlag, um die Fundamente aus Beton in die Erde zu bringen.

Wie sich derlei Taten auf die Fauna und Flora auswirken, weiß niemand. Der Vormarsch im Hunsrück erfolge "ohne Prüfung", entrüstet sich der Naturschutzbund. Im Übrigen sei die Windstromerei im Wald "grundsätzlich abzulehnen".

Es ist nicht nur die Ökologie - womöglich entpuppt sich die Abkehr von der Offshore-Windenergie auch wirtschaftlich als Irrweg: Auf dem Meer kann ein Rotor 4500 Volllaststunden im Jahr schaffen. An der Küste sind es 3000. Im Binnenland gilt ein Standort schon dann als gut, wenn er 1800 Stunden bringt.

Die Anlagen, die man jetzt vom Erzgebirge bis zum Bodensee errichtet, sind noch schlapper. Statistiken zeigen, dass die Rotoren im Süden deutlich weniger Strom erzeugen als prognostiziert. Der größte Windpark Baden-Württembergs, 850 Meter hoch im Nordschwarzwald gelegen, floppt seit Jahren.

Ein "Riesenschwindel" sei da im Gange, meint der Besigheimer Wirtschaftsprüfer Walter Müller, 65, der früher für die Treuhand die Bilanzwerte ostdeutscher Pleitekombinate ermittelte. Heute sieht sich der 150-Kilo-Mann mit derselben Härte die Geschäftsabschlüsse der Windparkbetreiber an.

Sein Urteil: alles Lug und Trug. Die von den Betreibern beauftragten Windgutachter würden Gegenden mit lauer Brise zuweilen zu "windhöffigen" Toplagen aufhübschen. Und: "Kleinanleger werden scharenweise mit Gewinnversprechen in geschlossene Windparkfonds gelockt, die nicht genug Energie erzeugen", meint er. "Am Ende ist das eingezahlte Kapital aufgezehrt."

Keine Frage: Die großen Räder, die gedreht werden, um das Klima zu schützen, laufen nicht rund. Das größte Infrastrukturprojekt der Republik steckt im Schlamassel. Alle wollen weg vom Atom. Nur, um welchen Preis?

Selbst Baden-Württembergs grüner Landesvater Winfried Kretschmann gibt sich zerknirscht. Aber er bleibt entschlossen: "Es führt kein Weg daran vorbei, die Landschaft auf diese Weise zu verschandeln."

Ob er richtigliegt?

DER SPIEGEL 27/2013

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