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Windräder in Deutschland Durchs Land der Riesen

Kempten, Allgäu. Auf der Fahrt nach Kempten führt ein Abstecher nach Wildboldsried. Die Gemeinde ist so etwas wie der grüne Superstar unter den bayrischen Kommunen. Sie wird als energieautark beworben und kassiert Öko- und Nachhaltigkeitspreise. Der CSU-Bürgermeister reist durch die Lande mit dem Vortrag: „Erneuerbare Energie ist gut fürs Allgäu“.

Das ist schließlich die neue CSU-Linie: Die Partei will grüner werden und ihre frischgewonnene Entschlossenheit mit dem Ausbau erneuerbarer Energie beweisen. 486 Anlagen gibt es schon in Bayern; Sachsen-Anhalt hat fünfmal so viele. Das tut weh. 1000 bis 1500 sollen her.

„Für die Politiker ist wichtig, Windräder aufzustellen. Denn damit wird die Politik sichtbar“, sagt der passionierte Naturschützer Reinhold Faulhaber, der die Initiative Landschaftsschutz Kempter Wald und Allgäu anführt. Stromsparen hätte vielleicht die gleiche Wirkung wie Windräder, aber doch viel weniger Sex-Appeal.

Auf den Solardächern liegen Schnee und Reif

Es ist der 1. Februar, und es ist ein ausgesprochen schlechter Tag für die grüne Musterkommunen und die Energiewende. Auf den zahlreichen Solardächern liegen Schnee und Reif. Und die Windräder hinter Wildboldsried stehen still bis auf eine Ausnahme: Sie rotiert in provozierender Zeitlupe.

Faulhaber geht hier nicht mehr spazieren. Die Windräder machen ihn nervös, zumindest, wenn sie sich drehen. Und manchmal tun sie das.

Windräder haben die Eigenart, dass sie auf Anhöhen gestellt werden, damit sie wirtschaftlich rotieren. Deshalb kann man sie weithin sehen. Faulhaber fürchtet, dass die das Allgäu prägenden Voralpenberge rund 150 Windräder bekommen, die dann die gesamte Region prägen.

Eine treibende Kraft hinter der Ökowende sind in Bayern die Förster. Seit der Freistaat seine Wälder profitorientiert führt, suchen die Förster nach Gewinnquellen. Holzpellets sind zum guten Geschäft geworden, aber richtig lukrativ sind Windräder. Sie versprechen Pachterträge von 10.000 Euro im Jahr und mehr.

Einige Bundesländer haben den Wald ausgespart, er blieb frei von den Riesen. Doch Bayern macht seine Forste verfügbar, und nicht nur das: Bis auf die beiden bayerischen Nationalparks, Naturschutzgebiete, Kernzonen der Biosphärenreservate und die engste Alpenzone ist in Bayern nichts sicher vor der Windenergiewirtschaft. „Und die Windenergie nimmt alles, was sie kriegen kann“, sagt Wilhelm Breuer von der Gesellschaft zur Erhaltung der Eulen.

Mit einem Anruf haben die Zweifel begonnen

Heimatvertrieben. So fühlt Helga Hung sich. 30 Jahre lang hatte sie mit ihrer Familie in Kimratshofen nicht weit von hier gelebt. Dann kamen die Windräder. Am Anfang sind sie und ihr Mann sogar zu den Versammlungen gekommen, auf denen die Bürger die Standorte planten und ihre Gewinne kalkulierten.

Die Hungs hatten ja nichts gegen erneuerbare Energie. Dann bekam sie einen Anruf aus dem Dorf: „Wie kannst du für die Windkraftwerke sein, dein Sohn ist doch Epileptiker.“ Die unbewiesene Theorie lautet, die niederfrequenten Dauergeräusche der Windräder könnten die Krankheit verschlimmern. Mit dem Anruf, sagt Helga Hung heute, hätten ihre Zweifel begonnen.

Als die Windräder standen, machte sie ein Pfleger darauf aufmerksam, dass sich die Anfälle ihres Sohnes dramatisch häuften. „Was macht ihr denn mit dem Jungen?“, fragte der Pfleger. Doch das Einzige, was sich an Hungs Leben geändert hatte, waren die Windräder. Bei einem Anfall stürzte der Junge die Treppe herunter, brach sich einen Nackenwirbel und ist seitdem querschnittsgelähmt.

Jetzt geht es ums Prinzip

Die Hungs fanden keinen Frieden mehr. Die Familie zog nach Kempten um, wo nun ebenfalls Windräder geplant werden. Es stapeln sich Ordner mit Korrespondenz im neuen Heim. Sie hat erfolglos vor Verwaltungsgerichten geklagt, Minister und Abgeordnete angeschrieben. Helga Hung kämpft weiter, jetzt geht es ums Prinzip. Sie hat sich in Jahren zur - parteiischen - Expertin für die Gesundheitsgefährdung durch Windkraftanlagen weitergebildet. Sie spricht von niederfrequenten Schallwellen, von „Vibro Acoustic Disease“ und zeigt komplizierte Diagramme, die sie als gelernte technische Zeichnerin selbst gefertigt hat.

 

 

Frau Hung würde gerne sagen, dass das Schicksal ihrer Familie ein Extremfall sei. Doch Gefahr für die Gesundheit herrsche für große Teile der Bevölkerung, sagt sie.

Der Berg ruft. Die Reise durch die Windkraft-Republik geht zu Ende. Sie könnte noch weiter gehen. Hoch oben in den Alpen am Brennerpass sollen bald Windräder stehen. Der Betreiber verspricht der Gemeinde Brenner 400.000 Euro im Jahr. Davon könnten Kindergärten gebaut werden und vielleicht sogar die Gemeindesteuern gesenkt werden.

Frau Hung würde gerne sagen, dass das Schicksal ihrer Familie ein Extremfall sei. Doch Gefahr für die Gesundheit herrsche für große Teile der Bevölkerung, sagt sie.

Der Berg ruft. Die Reise durch die Windkraft-Republik geht zu Ende. Sie könnte noch weiter gehen. Hoch oben in den Alpen am Brennerpass sollen bald Windräder stehen. Der Betreiber verspricht der Gemeinde Brenner 400.000 Euro im Jahr. Davon könnten Kindergärten gebaut werden und vielleicht sogar die Gemeindesteuern gesenkt werden.

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